Das Zentrum Addis Guzo befindet sich in einem der ärmsten Stadtteile der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba, einer Metropole mit über 7 Millionen Einwohnern.
Zentrales Ziel unserer Hilfsmittelversorgung ist die Sicherung und Verbesserung der Mobilität von Menschen mit Behinderungen. Wir sind davon überzeugt, dass die Fähigkeit, sich fortzubewegen, eine Grundvoraussetzung ist für
° Selbstständigkeit
° Zugang zu Bildung
° Teilhabe an der Gesellschaft
° Soziale und berufliche Integration
Darüber hinaus trägt eine fachgerechte Hilfsmittelversorgung dazu bei, körperliche Folgeschäden zu vermeiden, Angehörige und Pflegende zu entlasten und damit die Lebensqualität aller Beteiligten zu verbessern. Addis Guzo ist mit seiner breiten Produktpalette und dem Reparaturservice eine der wichtigsten Anlaufstellen für Menschen mit Behinderungen. Jährlich geben wir rund 700 individuell angepasste Rollstühle ab.
Neben unserem Engagement in Addis Abeba betreuen wir fünf weitere Städte in der Umgebung von Addis Abeba, der Oromo-Region. Hierzu gehören Adama, Fidsche, Bischoftu, Ambo und Sabeta.
Die professionelle Anpassung von Rollstühlen ist ein Novum in einem Land wie Äthiopien, wo geeignete Hilfsmittel rar sind und der Beruf des Reha-Technikers weitgehend unbekannt ist. Unsere Rollstuhlmechaniker*innen können aus einer breiten Palette verschiedener Modelle geeignete Rollstühle auswählen, die je nach individuellem Bedarf modifiziert oder zusätzlich ausgestattet werden können.ausgestattet werden können.
Der Reparaturservice unserer Werkstatt bietet für fast alle Rollstuhlmodelle Reparaturarbeiten an. Unsere Partnerorganisation rollaid liefert regelmässig alle dafür notwendigen Ersatzteile. Dank dieser Dienstleistung bleiben die abgegebenen Rollstühle viel länger im Einsatz. Jährlich führen wir an die 2000 Reparaturarbeiten durch.
Unser Partner-Verein rollaid (Interlaken/Schweiz) sammelt jährlich ca. 1000 ausgemusterte Rollstühle und zusätzliche Hilfsmittel, wie Rollatoren, Gehilfen, Krücken, Toilettenstühle usw. Diese werden im Rahmen eines Programms für die soziale und berufliche Integration von Jugendlichen und jungen Erwachsenen revidiert, anschliessend in Container verladen und nach Äthiopien verschifft. Nicht wieder einsetzbare Rollstühle werden in ihre Einzelteile zerlegt und füllen unser Ersatzteillager. In ganz seltenen Fällen schaffen wir neue Ersatzteile (zum Beispiel pannenfreie Reifen) an.
Ein Grossteil der Mobilitätshilfen stammt aus den Hilfsmitteldepots der schweizerischen Invalidenversicherung (IV), die durch die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft Hilfsmittelberatung für Behinderte und Betagte (SAHB) bewirtschaftet werden. Beim gespendeten Material handelt es sich um Gebrauchtrollstühle, die in der Schweiz nicht wiedereingesetzt werden können. Weitere Lieferanten sind Fachgeschäfte im Bereich der Rehabilitationstechnik, Institutionen für ältere und behinderte Menschen sowie viele Privatpersonen. Das Material wird von rollaid unentgeltlich an Addis Guzo abgegeben.
Viele Familien mit behinderten Kindern leben in extremer Armut und erhalten kaum materielle oder medizinisch-therapeutische Unterstützung. Die gesellschaftliche Stigmatisierung ist eine zusätzliche Belastung und führt oft dazu, dass die Kinder versteckt, vernachlässigt oder sogar ausgesetzt werden. Hilfe und Unterstützung kommen oft zu spät.
Aus diesem Grund hat sich die Rehabilitationsabteilung in den letzten Jahren zunehmend auf die Unterstützung von Säuglingen und kleinen Kindern mit komplexen Behinderungen spezialisiert. Unsere Entscheidung, uns auf die Frühförderung zu konzentrieren und ein spezifisches, auf den äthiopischen Kontext zugeschnittenes Frühförderungsprogramm zu entwickeln, bedeutet Pionierarbeit in Äthiopien zu leisten. Parallel dazu entwickeln wir daher auch ein Fortbildungsprogramm, das von anderen Einrichtungen repliziert werden kann. In Zusammenarbeit mit anderen Institutionen fördern wir so die notwendige Ausbildung und Entwicklung in diesem Bereich in Äthiopien.
Derzeit bieten wir Dienstleistungen für Säuglinge und kleine Kinder in altersspezifischen Gruppen von 0-1 Jahr, 1-2 Jahren und 3-5 Jahren an.
Der familienzentrierte, interdisziplinäre und ganzheitliche Ansatz basiert auf bewährten Prinzipien der kindlichen Entwicklungsförderung und setzt auf eine intensive Unterstützung der Eltern. Neben den physiotherapeutischen Übungen lernen die Eltern, die Beeinträchtigungen ihres Kindes besser zu verstehen und die Stärken und Chancen in der Gesamtentwicklung ihres Kindes zu erkennen und zu fördern.
Die Aktivitäten bereiten Kindern und Betreuerinnen gleichermaßen Freude, schaffen eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Therapeutinnen, Eltern und Kind, die eine wichtige Säule unsere Arbeit darstellt und die Bereitschaft der Kinder zur aktiven Mitwirkung an der Therapie fördert. Das umfangreiche Programm umfasst motorische Bewegungsübungen, Kommunikation und Bindung, Wahrnehmungsregulation, Kognition, Füttern und Wickeln, Kinderphysiotherapie, funktionelle Kommunikation, adaptives Spiel, Ergotherapie, sensomotorische Stimulation und Aktivitäten im Freien.
In der Kinderphysiotherapie arbeiten wir vor allem mit Kindern mit motorischen Störungen und leichten Entwicklungsverzögerungen. Die Kinder werden individuell und je nach Indikation behandelt. Intensive Elternberatung und die Einbeziehung der Familienmitglieder sollen helfen, ein aktives Bewegungsverhalten im Alltag zu fördern und eine größtmögliche Selbständigkeit der Kinder zu erreichen. Hilfsmittel wie z.B. Rollstühle für einen möglichen Schulbesuch werden individuell angepasst und in die Therapie einbezogen, ein breites Spektrum an Therapiegeräten steht zur Verfügung. Nach Beendigung der Therapie wird eine regelmäßige Nachbetreuung angeboten.
Im November 2019 bauten wir gemeinsam mit dem Verein Kukuk-Kultur den ersten barrierefreien Spielplatz in Äthiopien. Er wurde unter therapeutischen, pädagogischen und ökologischen Gesichtspunkten fast ausschliesslich aus lokalen Naturmaterialien gebaut. Das Spiel im Freien ermöglicht den Kindern des Reha-Programms eine Fülle neuer Sinnes- und Bewegungserfahrungen. Seit dem Sommer 23 laden wir auch Kinder aus der Nachbarschaft auf unseren Spielplatz ein und fördern so die Begegnung zwischen Kindern mit und ohne Beeinträchtigung.
Das neue Therapiekonzept für Kinder mit besonders hohem Unterstützungsbedarf „High Needs“ ist ebenfalls ein Novum in Äthiopien. Kinder mit komplexen Mehrfachbehinderungen und begrenzter Entwicklungsprognose benötigen besondere Betreuung und Unterstützung. Angesichts der enormen Herausforderungen, mit denen die Familien konfrontiert sind, scheint es uns dringend notwendig, diese Eltern über einen längeren Zeitraum in einer Gruppe zusammenzubringen. In einem geschützten Rahmen können sie gemeinsam mit den Kindern trainieren, ihre Erfahrungen teilen, über ihre Sorgen sprechen und sich als Teil einer verständnisvollen Gemeinschaft fühlen. Wir hoffen, dass dieses Programm den Familien auf ihrem steinigen Weg hilft, Kurzschlusshandlungen verhindert und ernsthaften psychischen Problemen vorbeugen kann, zu denen die enormen Belastungen immer wieder führen.
Unter dem Dach von Addis Guzo haben sich elf Frauen aus drei verschiedenen Kunsthandwerk-Gruppen (Hayadolls, Sefisisters und Chuchura) zu der Kooperative Bottlebrush Craft Center zusammengeschlossen. Sie wurden bei uns in der Puppenherstellung, im Schneidern und im Häkelhandwerk ausgebildet. Ihre qualitativ hochwertigen Produkte verkaufen Sie an Märkten für Kunsthandwerk, Bazaren oder direkt auf unserem Projektgelände. Für mobilitätseingeschränkte Menschen ist es fast unmöglich, eine Anstellung zu finden oder ein Geschäft zu betreiben. Deshalb bieten wir den Frauen nach der Ausbildung einen barrierefreien, sicheren Arbeitsplatz, Transport und Coaching in allen unternehmerischen Belangen an.
Unter Lebenskompetenzen werden psychosoziale Fähigkeiten verstanden, die Menschen befähigen, die Anforderungen und Schwierigkeiten des Alltags selbständig und erfolgreich zu bewältigen. Lebenskompetenzen leisten einen entscheidenden Beitrag zur Gesundheitsförderung und Prävention. In Addis Guzo bieten wir neu Workshops an, in denen Themen des täglichen Lebens wie z. B. Gesundheitsfragen, Genderfragen, Frauenthemen, Opferprävention und Kinderschutz bearbeitet werden.
2014 hat das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) in Äthiopien ein Programm zur Förderung des Rollstuhlbasketballsports ins Leben gerufen. Der Sport soll die Teilnehmenden physisch und psychisch stärken, damit sie die Aufgaben des Alltags besser bewältigen können. In enger Zusammenarbeit mit dem IKRK gründeten wir zwei Rollstuhlbasketballmannschaften mit inzwischen etwa zwanzig Teilnehmern und fünfzehn Teilnehmerinnen. Pure Lebensfreude, Energie und Teamgeist bereichern seither den Alltag in Addis Guzo. Unsere beiden Teams nehmen regelmässig und sehr erfolgreich an Wettkämpfen teil und gehören seit Jahren zu den Besten des Landes. Die wöchentlichen Trainings werden von einem professionellen Trainerteam, mit und ohne Beeinträchtigung, geleitet.
2018 wurde die Addis-Guzo-Dance-Group #Movement is life gegründet. Wir haben uns bewusst für den Contemporary Dance als Tanzform entschieden. Er fördert die körperliche und emotionale Ausdrucksstärke und lässt persönliche Freiheit in der Bewegung und Kreativität zu. Die Teilnehmenden erleben eine Vielfalt von tänzerischen Ausdrucks-möglichkeiten, die sich aus dem individuellen Zusammenspiel von Körper und Persönlichkeit ergeben. Körperliche Einschränkungen treten dabei in den Hintergrund. Für viele Teilnehmende eine nie gekannte Erfahrung. Zwei Tanzgruppen (zwölf Anfänger*Innen und sieben Fortgeschrittene) trainieren zweimal pro Woche in unserem Tanzstudio und werden von professionellen Tanztrainern*Innen, mit und ohne Beeinträchtigung, unterrichtet.
Ist eine Schweizer Non-Profit-Organisation, die mit und für Menschen mit Behinderungen in Äthiopien arbeitet.
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