Der richtige Mann am richtigen Ort

Wir werden oft gefragt, wer denn nun das Projekt Addis Guzo in Äthiopien führt.

Der folgende Bericht von Franziska Gerling zeigt, warum Teferi Kassa unser Country Director ist: „Mitte September 2014 war ich bei unserem Direktor von Addis Guzo, Teferi Kassa, zu Hause eingeladen. Er lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern im östlichen Stadtteil Kality.

Weit ist es eigentlich nicht, aber aufgrund des Staus brauchte ich mehr als eine Stunde und ich fragte mich, wann er wohl jeden Morgen zur Arbeit (die Werkstatt von Addis Guzo liegt im Westen von Addis) startet. 

Teferi, 39, wohnt mit seiner Familie in einem kleinen Haus. Das Grundstück wird von einem Deutschen Schäferhund bewacht, der zur Begrüßung ordentlich bellte. Im Haus ist es typisch äthiopisch eingerichtet: Im Mittelpunkt des Wohnzimmers steht eine Couchgarnitur, es gibt einen Schrank mit Geschirr und einen Fernseher. Außerdem braucht es in jeder äthiopischen Stube Platz für die Kaffeezeremonie. Teferis Frau Meron, 34, hatte schon frisches Gras ausgelegt und darauf das Tischchen sowie das Kohlestövchen für die Kaffeezeremonie zurechtgestellt.

Teferi und Meron vor dem Eingang zu ihrem Haus

Die Kinder von Meron und Teferi (Baykot, 7 Jahre; Barok, 5 Jahre und Pherez, 3 Jahre) freuten sich über meinen Besuch und noch mehr über Leyou, meine 4 Monate alte Tochter. Leyou wanderte von einem Kind zum anderen und so hatte ich genügend Ruhe, um mich mit Teferi zu unterhalten.

Pherez, Baykot und Barok mit Leyou in ihrer Mitte

Ich hatte mich vorbereitet mit Interviewfragen, da Teferi jedoch schnell ins Erzählen kam, gibt es im Folgenden keinen Fragen-Antwort-Text.

Am meisten interessierte mich, wie Teferi zu Addis Guzo gekommen ist. Für ihn ist es ein langer von Gott bestimmter Weg, der mit seiner ersten Ausbildungsstätte beginnt.

Seine erste Ausbildung bekam er von der Organisation „Menschen für Menschen“. In Harar, Teferis und Merons Geburtsort, hat die Organisation eine Ausbildungstätte errichtet. Pro Jahrgang werden von mehr als 1000 Bewerbern 24 ausgewählt. Teferi war im zweiten Jahrgang unter den ersten 24 und bekam die Chance in Metalltechnologie ausgebildet zu werden. Er war beeindruckt von den europäischen Lehrern, dem vorhandenen Rohmaterial sowie der Ausstattung der Werkstätten. Neben all den Kompetenzen bekam er durch die Organisation „Menschen für Menschen“ vor allem eine Passion – „Arbeiten für die Armen“.

Teferi erklärt den Puppenfrauen (siehe Blog April 2014) die Grundlagen der Geschäftstätigkeit.

Als er nach dieser Ausbildung nach Addis kam, hat er zunächst in einer Fabrik für Fahrstuhlherstellung als Prototypentwickler und später in einer Metallfabrik, die unter anderem Waagen herstellt, als Manager gearbeitet.

Da er sich weiterbilden wollte, absolvierte er ein Studium in Shashamene am Ethiopian Adventist College. Dort studierte er „Community Development and Leadership“. Aufgrund seiner vorangegangenen Ausbildung und Erfahrung wurde er am College gleichzeitig als Lehrer angestellt. Da er vom College weiterempfohlen wurde, arbeitete er zudem für eine NGO als Berater und leitete den Aufbau eines Berufscenters, welches technologische Fertigkeiten mit Entwicklungsarbeit verbindet. Insgesamt lebte er drei Jahre in Shashamene.

Als er nach Addis zurückkehrte absolvierte er einen weiteren Masterstudiengang im Entwicklungsbereich an der Ethiopian Graduate School of Theology.

Später nahm er sich eine Auszeit, um über seine Zukunftspläne nachzudenken. Schließlich schloss er sich einem Evangelischem Missionarsprogramm an, welches von der  niederländischen „Help A Child“ Foundation unterstützt wird und im Entwicklungsbereich tätig ist. Teferi wurde Projektmanager für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, wobei es vor allem um die Entwicklung beruflicher Fähigkeiten ging. Auch hier gründete er ein Ausbildungszentrum. Zudem bekam er die Chance an Weiterbildungen in Indien, Uganda und Kenia teilzunehmen. Danach erfüllte er sich einen Traum und eröffnete gemeinsam mit seiner Frau eine eigene Metallwerkstatt.

Dezember 2011, Christine und Teferi auf der Baustelle der Werkstatt

Als Bernhard Wissler und Christine Oberli im Jahr 2011 die Rollstuhlwerkstatt in Addis Abeba aufbauten, suchten sie mit Hilfe des IKRK jemanden, der die Metallarbeiten für den Bau der Werkstatt durchführen konnte. Dies war Teferis Eintrittspforte in das Projekt. Er genoss die konstruktiven Diskussionen, den respektvollen Umgang, das gemeinsame Verfolgen eines Zieles und das gemeinschaftliche Arbeiten für dieses. Er interessierte sich für das Projekt weit über die Metallarbeiten hinaus und schon bald arbeitete er auch in anderen Bereichen, beispielsweise im Überarbeiten der Anträge. Die Zusammenarbeit mit Bernhard vergleicht er mit dem Passen eines Handschuhs auf die Hand. Teferi teilte Bernard mit, dass er im Projekt mitwirken möchte.

Das Aufbauen der Werkstatt war für alle eine Phase des Lernens, mit vielen Herausforderungen und Erfolgen.

Rollstuhlzentrum Addis Guzo Oktober 2014

Die größte Herausforderung sieht er in der Diskrepanz zwischen Bedarf und Möglichkeiten, welche begrenzt sind durch qualifizierte Arbeitskräfte sowie finanzielle und materielle Resourcen.

Teferi sagt, dass Addis Guzo sein Kind geworden sei, ohne welches er nicht leben möchte. Für ihn ist es ein Weg Gottes, der ihn zu Addis Guzo geführt hat. Er ist da angekommen, wo er seine Kompetenzen einsetzen kann, um seine Visionen umzusetzen. Teferi möchte Addis Guzo wachsen und dessen Idee vervielfältigt sehen. Er versucht, die Menschen zu motivieren und zu bestärken, die Ähnliches vorhaben. So hofft er, kann mehr und mehr armen und hilflosen Menschen geholfen werden. Die Nähe zu den Armen ist sehr bedeutsam für ihn. Zudem wünscht er sich, dass zukünftig Rollstühle in Äthiopien hergestellt werden.

Teferi ist glücklich und dankbar diese Arbeit tun zu dürfen.

Teferi liebt sein Land und staunt, welche Vielfalt es gibt – seien es die vielen verschiedenen Völkerstämme, die Kultur- und Landschaftsunterschiede. Einer seiner Lieblingsorte in Äthiopien ist der Ostafrikanische Grabenbruch mit seinen zauberhaften Seen.

Alle Interessierte heißt er herzlich Willkommen in Äthiopien und er freut sich über jeden Besuch in der Addis Guzo Rollstuhlwerkstatt.“ 

Teferi führt Besucher durch unsere Werkstatt

Familie Teferi mit Leyou

Und ausserdem bei Addis Guzo:

Sean Day aus den USA hat in der Werkstatt einen dreimonatigen Freiwilligendienst gesleistet. Mit seiner fröhlichen Art und seiner Einsatzbereitschaft, war er eine grosse Bereicherung für unser Team.

Sean Day

„I’ve been volunteering at Addis Guzo for about one month now. It has been an exciting, challenging, and eye-opening experience. On my first day I met Mr. Teferi and the workshop crew, and learned about the work done by Addis Guzo and their goals. I was impressed not only by all the wheelchairs, but also the other projects like sports and an income generation program. After that I started working in the workshop, my first time hands-on with wheelchairs.

I started slow, changing tires and adjusting the height of footrests, trying not to break anything I wasn’t supposed to. Luckily most of the guys speak enough English to help me out, and taught me enough to work on chairs independently. While a lot of the repairs are fairly straightforward, replacing a footrest or adjusting the breaks, some are a bit more complicated. There was one chair I worked on for a student that needed one of the armrests replaced with a desk. After digging through the storeroom for extra parts, I was able to attach the desk in a way that allowed it to be either folded to the side or removed completely. These are the kinds of challenges that make working at Addis Guzo really fun.

Sean 2014

I came to Ethiopia as a Watson Fellow from the United States, working on a project called “Engineering Mobility.” My interest lies in how the needs and unique challenges faced by physically disabled individuals are addressed in different parts of the world. It was clear during my first few days in Addis that I came to the right place. As might be expected in the capital city of a developing country like Ethiopia, poverty is visible and pervasive. Waking down any street in the city it becomes clear that a significant portion of those suffering from acute poverty are physically handicapped. There are young men with deformed or missing feet hopping along with long sticks for crutches, women who can barely walk sending their young children to beg from passerby’s, and old men dragging themselves along the muddy sidewalk with their hands. These are such common sights in Addis that it is hard not to become sensitized to them. But the neighborhood surrounding Addis Guzo is different. These sights are replaced by a mobile population of wheelchair users. Even walking around other parts of the city, I have begun to recognize Addis Guzo clients. It is incredible to see the real impact being made here.

Viel Arbeit leistet das Werkstatt-Team. Rollstuhlversorgungen und Reparaturen bestimmen den Alltag.

Werkstatt unterwegs, Rollstuhlversorgung ausserhalb von Addis Abeba

Geschäftiges Treiben in der Werkstatt

So ganz nebenbei entstand der Prototyp eines selbstgebauten Rollstuhles. Noch ist das Endprodukt nicht einsetzbar und die Räder und Anbauteile stammen aus dem Ersatzteillager, aber es ist ein erster Versuch.

Made by Addis Guzo

Viel beschäftigt sind wir mir unserem neuen Teilprojekt TAS (Therapie, Ausbildung und Sport). Das Konzept steht (eine Dokumentation ist unter Archiv zu finden), erste Unterstützungsbeiträge wurden von den Botschaften der Schweiz und Österreich gesprochen und durch die drei Pilotprojekte im Bereich Ausbildung können wir wichtige Erfahrungen sammeln.

Pilotprojekt Nähen

Pilotprojekt Puppenherstellung: Miriam aus Bern und Lemi (als Übersetzer) helfen fleissig mit

Zusammen mit unseren grossen und kleinen Kunden bedanken wir uns bei allen, die das Rollstuhlzentrum Addis Guzo unterstützen und begleiten.

Marianne, Christine und Bäne in der Schweiz / Teferi, das Team und Franziska in Äthiopien